Ruderverein Dorsten - U19 Weltmeisterschaften in Rio de Janeiro
1. - 8. August 2015 - Bericht von Sebastian Schmelzer
Vorgeschichte - Donnerstag: Anreise, Vorläufe - Freitag: Halbfinale, Stadtführung Teil 1 - Samstag: Finals, Stadtführung Teil 2 - Sonntag: Maracana, Heimreise - Was bleibt - Danke! - Empfang in Dorsten - Gesamtansicht
Vorgeschichte
Einige Tage liegen die Finalrennen der U19 Weltmeisterschaften nun hinter uns. Einige Tage Abstand waren auch notwendig, um die dort erlebten Eindrücke und Emotionen überhaupt verarbeiten zu können. Doch zunächst ein kurzer Rückblick:
Es ist Januar 2015, kurz nach dem Jahreswechsel. Carolin hatte sich im Ski-Trainingslager beim Gerätebrennball die Bänder im Fuß gerissen und Christopher laborierte an einer nicht richtig abgeklungenen Erkältung. Tage und Wochen verstrichen, beide kamen einfach nicht raus aufs Wasser, um die nötigen Kilometer im Kleinboot zu machen. Die Rekonvaleszenz der beiden Sportler dauerte, teils bis in den März hinein. Trainer Sebastian kamen erste Zweifel, ob der Traum von Rio denn überhaupt in diesem Jahr wahr werden würde. Ungewissheit, Woche für Woche. Dann die ersten Regatten und Leistungsüberprüfungen. Durchschnittsergebnisse mit viel Luft nach oben - zudem Abiturstress. Das Trainingslager über Ostern brachte Christopher noch einen Wechsel des Zweierpartners. Bei den Mädels hingegen wurde auf Beständigkeit und auf die freie Zeit nach den Abiturprüfungen gesetzt. Die Nerven lagen teils blank, die Ungewissheit nagte an Trainer und Sportlern. Die Regatten in München und Köln waren Schritte in die richtige Richtung. Die Juniorenrangliste Hamburg sorgte dann schnell für eine Aufhellung der Gemüter und leise Hoffnungen. Beide Sportler hatten die die B-Finals erreicht und somit die Mindestnorm im Kleinboot. Die Deutschen Meisterschaften Ende Juni brachten dann Gewissheit. Zunächst qualifizierte sich Christopher als Deutscher Meister im Vierer ohne Steuermann für die WM, dann wurde Carolin nominiert. Stolz, Genugtuung und unendliche Freude. Es ging nach Rio - das Projekt Row2Rio ist nach mehr als 2 Jahren harter Arbeit aufgegangen.
Christopher und Carolin - Vitamine pur dank des Sponsors
Noch am Finalabend der Deutschen Jugendmeisterschaften beschlossen Thomas Doerfler und ich, dass wir uns dieses Ereignis nicht entgehen lassen durften. Zwei Tage später stand die Planung. Während die Mannschaft bereits seit dem 01.08.2015 am Zuckerhut weilte und schon erste Impressionen aus Brasilien über die sozialen Netzwerke verbreitete, sollte es für uns Regattatouristen am 05.08.2015 losgehen.
Donnerstag: Anreise, Vorläufe
Gute 12 Stunden brauchte die Boeing 747-8i der Lufthansa von Frankfurt nach Rio de Janeiro. Am Donnerstag, 06.08.2015, um fünf Uhr morgens landete die Königin der Lüfte auf dem Flughafen Galeo. Reibungslos hatte die Reise von Dorsten, über Düsseldorf, Frankfurt bis hin nach Rio geklappt. Und auch vor Ort ging es dank der Unterstützung der MAN Diesel & Turbo Brasil reibungslos weiter. Denn Taxifahrer Paolo wartete bereits auf uns, der seit mehr als 10 Jahren die MAN Mitarbeiter sicher durch den Verkehr der Millionenmetropole chauffiert und uns zu unserem Hotel an der Copa Cabana bringen sollte.
Rein "zufällig" hatte uns Reiseleiter Thomas im Mannschaftshotel des Deutschen Ruderverbands untergebracht, allerdings in einem anderen Teil des Gebäudes. Da dort aber neben den Deutschen Ruderern auch noch weitere Nationen und Angehörige untergebracht waren, fielen wir Regattatouristen kaum auf. Da das Einchecken morgens um 07:00 Uhr nicht möglich war, kamen wir zunächst im Krankenzimmer der DRV Mannschaft unter, welches noch unbenutzt war und uns die Möglichkeit zur Morgentoilette gab. Frisch und voller Tatendrang ging es dann zur Strecke an die Laguna Rodrigo de Freitas, unter den Cariocas (Einwohner Rios) einfach Lagoa genannt. Wir entschieden uns für ein Taxi, welches für kleines Geld (etwa 20 R$) unser Ziel anfuhr. Ausgerüstet mit Kamera und Eintrittskarten ging es dann auf die Tribüne, auf der wir eigens reservierte Plätze im FISA Familiy & Friends Bereich reserviert hatten.
Die ersten Vorläufe verliefen erfreulich für die Deutschen, nur zwei Boote mussten in die Hoffnungsläufe. Um 10:10 Uhr Ortszeit wurde es dann ernst. Der Vierer ohne Steuermann startete im Vorlauf gegen die USA, Spanien, Bulgarien, China und Dänemark. Das Team des #FFAT (Frank Flörke Action Team) gerne auch die #FFATboys genannt - startete. Die ersten 500 m führten die Amerikaner an, dann übernahmen Lukas Föbinger, Johannes Rentz, Christopher Reinhardt und Lukas Geller die Führung und gaben diese auch nicht mehr ab. Sieg im Vorlauf, direkt im Halbfinale am Freitag und den unbeliebten Hoffnungslauf vermieden. Erleichterung bei mir und Bootstrainer Flörke, Freude bei den Jungs. Der erste Schritt war gemacht, erste Sicherheit gewonnen und zudem die Erkenntnis, dass eine Medaille möglich sein würde. Als direkte Konkurrenten zeichneten sich die Briten, Griechen, Serben, Rumänen und Amerikaner ab.
zuversichtlicher Regatta-Touri |
erfreuliches Zielbild im Vorlauf |
Christopher nach erster Prüfung |
Gut 50 Minuten später gingen die Juniorinnen Achter auf das Wasser. Zunächst Vorlauf 1 mit den USA, Australien, Italien und den Niederlanden. Da nur sieben Boote gemeldet waren, qualifizierte sich das siegende Boot im Vorlauf direkt für das A-Finale, während alle anderen die übrigen Finalplätze im Hoffnungslauf ausfahren mussten. Vorlauf 1 ging in 06:27 min umkämpft an die USA, etwas über eine Bootslänge vor den Italienerinnen, den Niederlanden und Australien. Carolin musste im zweiten Vorlauf gegen China und die gefürchteten Rumäninnen ran. Wo das deutsche Boot im Vergleich zu den anderen Nationen stand war unklar. Die Vorbereitung in Berlin lief durchwachsen, es schien, als wäre der Juniorinnenachter nicht so stark wie in den Vorjahren.
Schon im Vorlauf packten Carolin Dold, Franzi Ott, Carolin Doerfler, Isabelle Hübner, Ella Cosack, Christina Berchthold, Janina Arndt, Marieluise Witting und Steuerfrau Lynn Artinger die Keule aus. 15 Sekunden vor den Chinesinnen gewann das deutsche Boot in 06:24 min den Vorlauf, zeitschnellstes Boot beider Vorläufe und ebenfalls direkt im Finale. Was für eine Ansage!!! Wow... Erste Vorfreude auf die Finalrennen kam auf :-)
Unser nächstes Ziel war die Copa Cabana. Der Sehnsuchtsort vieler Rio-Besucher mit direktem Blick auf den Zuckerhut. Auf den ersten Blick - zum Meer raus - ein toller Ort. Goldgelbe Strände, draußen der tosende Atlantik, Sonne und angenehme 27°C. Der zweite Blick ist weniger schön. Verkehr an der 6-spurigen Küstenstraße, Baustellen und ein Hotelbunker nach dem anderen. Eines der vielen Gesichter Rios, doch später mehr dazu.
Fort Copa Cabana |
Copa Cabana mit Zuckerhut |
Lagoa Rodriogo de Freitas |
Das Golden Tulip Regente ist ein großer Hotelkomplex, dessen Poolterrasse einen unglaublichen Ausblick über die Copa Cabana, das Fort Ipanema und den Zuckerhut bietet. Unsere Zimmer in der sechsten und siebten Etage boten leider keinen tollen Meerblick, lediglich brasilianisches Straßenpanorama war angesagt. Ausstattung und Komfort waren aber hervorragend.
Der Vorteil, im Teamhotel untergebracht zu sein, zeigte sich schnell. Zum einen hatten wir schnell Kontakt zu Trainerkollegen und Verbandsoffiziellen, die ich durch gemeinsame Zeiten in der Ruderjugend bereits kannte. Zum anderen bestand immer eine Möglichkeit mit Christopher und Carolin in Kontakt zu treten und abends die Erlebnisse des Tages gemeinsam auf uns wirken zu lassen.
Freitag: Halbfinale, Stadtführung Teil 1
Freitags sollte lediglich Christopher sein Halbfinale fahren. Nach einem tollen Frühstück ging es wiederum für Thomas und mich zur Strecke. Um 10:22 Uhr mussten die #FFATboys ran, im Halbfinale gegen Griechenland, Spanien, Dänemark, Australien und die Schweizer. Und genau jene Schweizer waren es, die dem Ruhrpott Quartett bei der internationalen Regatta in München die einzige Niederlage in der Saison beschert haben. Anspannung bei den Jungs, bei Trainer Flörke und auch bei mir, es ging ums Finale oder kurz gesagt: jetzt ging es um die Wurst. Die Griechen machten uns das Leben schwer, dennoch war es am Ende ein Start-Ziel-Sieg, zwei Sekunden vor den Griechen und den Spaniern, die ebenfalls im A-Finale am Samstag antreten durften. Die Schweizer wurden Vierte und schafften es lediglich ins B-Finale. Das andere Halbfinale hatte es in sich. Rumänien gewann vor den Briten und den USA, aber allesamt schneller als das "deutsche" Halbfinale. Trotzdem wurde uns schnell klar, was hier überhaupt passierte. Beide Dorstener im Finale, beide in Medaillenreichweite und nebenbei alle deutschen Boot im A-Finale!!! Ein klares Ausrufungszeichen der Jugendarbeit im Deutschen Ruderverband. Hier sind wir Weltspitze...
Am Freitagmittag erwartete Thomas und mich dann Birgit Porto. Unsere sympathische Reiseleiterin lebt seit 28 Jahren in Rio de Janeiro und ist mit der Stadt tief verwurzelt. Auch hier nochmal ein großes Dankeschön an Familie Doerfler, die mir die individuelle Stadtführung geschenkt haben. Thomas und ich waren uns einig, dass wir die touristischen Hotspots wie den Corcovado mit der weltberühmten Christusstatue und den Zuckerhut nicht unbedingt von oben sehen mussten, viel mehr reizte uns das andere Rio de Janeiro. Wir wollten in Land und Leute abtauchen, die Ecken sehen, die man als Tourist sonst nicht sieht. Und mit jeder Stunde, die uns Birgit durch die Straßen, Wälder und Berge fuhr, änderte sich mein Bild. War ich morgens noch vom Beton und Lärm an der Copa Cabana angewidert und enttäuscht, so änderte sich mein Bild von Rio de Janeiro immer mehr.
Nur zwanzig Minuten Fahrt entlang der Strände in Richtung Süden wurde es ländlicher, ursprünglicher und ruhiger. So stellte ich mir Südamerika vor. Bunt, ein wenig chaotisch und pulsierend. Durch Bambuswälder und angepflanzten Sekundarurwald ging es zur Vista Chinesa. Richtig, Bambus und Chinesen und Sekundarwald! Der Wald fiel nicht etwa der wachsenden Stadt zum Opfer, sondern dem Kaffeeanbau im 19. Jahrhundert. Der funktionierte irgendwann nicht mehr, also entschloss man sich Tee anzubauen. Hierfür holte man Chinesen ins Land und die blieben. Das mit dem Tee funktionierte übrigens auch nicht, doch die Chinesen siedelten sich in den Wäldern an und brachten auch den Bambus mit. Dieser wuchert nun 200 Jahre später überall und ein Aussichtspunkt (Vista Chinesa) erinnert an die chinesische Besiedlung.
Überraschend grün ging es weiter in Richtung der botanischen Gärten. Auch hier zeigt sich Rio von der grünen Seite. Die Portugiesen brachten allerlei Pflanzen nach Brasilien mit, aus allen Teilen ihres damaligen Kolonialreiches. Und entsprechend vielseitig und bunt ist die Flora der Stadt. Weiter ging es in Birgits Wohnviertel, Santa Teresa. Ein Künstlerviertel, ursprünglich, individuell und wahnsinnig vielseitig. Ein wenig ängstlich stiegen wir aus und erkundeten die ersten Meter einer Terra incognita, jenseits von Großstadtlärm und Gedränge. Kopfsteinpflaster, enge Straßen und eine tolle Lage am Berg kennzeichnen diesen Teil Rios. Dennoch lässt sich die Armut, die sich in etlichen Favelas die Berghänge emporarbeitet, nicht ausblenden.
Verwinkelte Gassen in St. Teresa |
St. Teresa mit Blick auf Rio |
Strassenzug St. Teresa |
Zwar sind die meisten Armenviertel inzwischen befriedet und einigermaßen sicher, breitete sich zumindest in mir ein Gefühl von Beklommenheit und Unbehagen aus. Besonders wenn wir an den Favelas vorbeifuhren, die eben noch nicht sicher sind. Kontrollen und Präsenz der Militärpolizei sind dort an der Tagesordnung. Dort steht eben nicht mehr der nette Wachmann mit dem Gummiknüppel, sondern ein Soldat mit Helm, Schutzweste und Sturmgewehr. Nach einem tollen Sandwich zur Stärkung in Santa Teresa ging es zum Sundowner zur Mirante Dona Marta, ebenfalls ein Aussichtspunkt zwischen Corcovado und Zuckerhut mit einem tollen Blick über ganz Rio. Ein Geheimtipp für diejenigen, die dem Trubel an den beiden genannten Sehenswürdigkeiten entgehen möchten.
Blick in die Bucht mit Zuckerhut am Horizont
Nach einer Dusche mit Hotel erwarteten uns dann das Nachtleben an der Copa Cabana und die ersten Caipirinhas. Zusammen mit einem Großteil des Trainerteams und des Funktionsteams ging es in eine der zahlreichen Bars. Während die Trainer schnell weg waren, um sich für die Finalrennen am Samstag auszuruhen, bewiesen wir Regattatouristen und Conny, Jugendsekretärin des DRV, mehr Sitzfleisch. Etwa halbzwei wurde es, die zugeführten Caipis zeigten Wirkung.
Samstag: Finals, Stadtführung Teil 2
Mit Vorfreude ging es am Samstag zur Strecke. Finaltag, ca. 28°C. Morgens kaum Wind, nahm dieser immer mehr zu. Teilweise kam er seitlich, sehr fies für Ruderer. Aber an den Bedingungen sollten wir nichts ändern können. Bereits seit 09:30 Uhr kämpften die DRV-Junioren um Medaillen, mit immer mehr Erfolg. Um 11:14 Uhr kam dann Christopher mit dem Vierer ohne Steuermann. Die erste Zwischenzeit bei 500m brachte Ernüchterung, nur Platz 4. Man war aufgrund des Windes schlecht am Start weggekommen, arbeitete sich aber zurück ins Rennen. Platz 3 bei 1000 m, auch bei 1500 m. Eine knappe Kiste sollte es bis zum Ende werden. Ein beherzter Endspurt brachte letzte Sicherheit und die Bronzemedaille. Gold ging an die bärenstarken Rumänen, Silber an die Briten. Platz vier an die Griechen. Anfängliche Enttäuschung in den Gesichtern der Jungs und auch in meinem Kopf wich schnell der Freude über die Medaille in diesem starken Feld. 16 Boote waren angetreten, wir waren unter den Top 3. Ein toller Abschluss für die Mannschaft und Trainer Frank Flörke. Das Projekt Rio, welches 2013 nach der Silbermedaille im B-Junioren 4x+ mit fast der gleichen Mannschaft begann, war zu Ende. Bronze und das Siegerpodest der Lohn. Toll gemacht Jungs, ich bin stolz auf Euch!!!
Ok, dachte ich mir, Du kommst nicht mit leeren Händen heim. Die Reise nach Rio hat sich gelohnt. 50 Minuten später war der Juniorinnenachter dran. Papa Doerfler hielt es kaum auf dem Sitz, die mitgereisten Eltern um uns herum auch nicht. Ich war nervös. Was passiert hier jetzt, ging mir durch den Kopf.
Es ist 11:53 Uhr. Grade eben war die britische Nationalhymne für den Junioren Doppelvierer verklungen, da startete auf dem Lagoa Rodrigo de Freitas der Juniorinnen Achter mit unserer Caro.
Deutschland auf Bahn 3, als zeitschnellstes Boot dort gesetzt. Die USA daneben auf 4, die Italienerinnen auf 2, Rumänien auf 5, China auf 1 und Australien auf 6. Das Rennen komplett kommentiert, die Deutschen am Start vorne. Erste Zwischenzeit bei 500 m, eine gute halbe Länge vorne. Der Sprecher spricht von einer "massive lead". Eine ganze Länge bei 1000 m. Ich war mir sicher. Wenn die keinen Krebs ziehen, dann gibt's ebenfalls eine Medaille. Ich saß still und ungläubig auf der Tribüne. Fast 5 Sekunden vorne bei 1500 m. Wasser zwischen uns und den USA, Italien und Rumänien, die ebenfalls um eine Medaille kämpften. "Scheisse, die holen Gold" dachte ich...
Fünf Sekunden im Achter nimmt dir auf 500 m keiner mehr. Normalerweise!!! Der Rest des Feldes kämpfte, zog nochmal an, aber es reichte... WELTMEISTER!!! Wahnsinn... Jubel, Papa Doerfler fiel mir in die Arme, ein erlösender Schrei. Es fühlte ich an, als wäre eben ein Filmdrama mit einem Riesen-Happy-End zu Ende gegangen. Ein perfekter Tag, zwei Medaillen, einmal Weltmeister. Ich malte mir aus, wie dieses Ergebnis zuhause in Dorsten erlebt worden ist, spurtete runter zur Strecke und zur anschließenden Siegerehrung.
In diesen Momenten blickt man zurück. Vor zwei Jahren startete Trainerikone Uli "Ötte" Wyrwoll das Projekt Juniorinnenrudern in Dorsten. Ein Mädel fehlte in seinem Puzzle, da machte uns Charlotte Reinhardt auf Carolin Doerfler aufmerksam. Nach erfolglosen Ruderversuchen im Kinderbereich war sie inzwischen groß gewachsen und deutlich sportlicher. Es zeigte sich das enorme physische Talent, schnell lernte sie. Nach gut einem Jahr saß sie beim Baltic Cup zum ersten Mal in Nationaltrikot im Boot - ein weiteres Jahr später ist sie Weltmeisterin. Das sind Geschichten die der Sport schreibt... Dazu die Bronzemedaille der Jungs im Gepäck - einer der größten Momente für mich bisher. Es blieb das Gefühl der totalen Genugtuung, alles richtig gemacht zu haben. Jede Sekunde habe ich mich als Dienstleister an unseren Sportlern gesehen, Ihnen den Rücken freigehalten und immer an sie geglaubt. Etliche Stunden geredet, Leistungen diskutiert, deutliche und richtige Worte gefunden, Perspektiven aufgezeigt und zusammen auch unbequeme Wege gegangen. Aus so wenig haben wir so viel erreicht. Immer mit einen Team im Rücken, welches uns dieses Erlebnis ermöglicht hat. Multo Obrigado, vielen vielen Dank dafür!!!
Die Siegerehrung lief an mir vorbei, alles war unwirklich. Für Gratulationen und Bilder blieb wenig Zeit, denn die Achter mussten Platz für die Juniorenachter am Siegersteg machen.
Für Thomas Doerfler und mich ging es weiter mit Birgit Porto. Denn diese wartete freudig an der Regattastrecke und unternahm mit uns Teil II unserer Stadtführung. Zunächst auch ihre herzlichsten Glückwünsche, auch sie hatte vor dem Rechner zuhause mitgefiebert und unsere Erfolge miterlebt. Mit ihr ging es am Samstagnachmittag ins Zentrum Rios. Dieses ist am Wochenende menschenleer, denn dort spielt sich lediglich unter der Woche das Leben ab. Dort wohnen nur wenige Menschen, vielmehr ist es das Verwaltungs- und Wirtschaftszentrum der Stadt und des Bundesstaates Rio de Janeiro. Eindrücke des alten Rios, monumentaler Bauten der 30er Jahre, kleiner Gassen und Fassaden aus dem Jugendstil gibt es nur noch mancherorts. Viel ist den Zweckbauten aus Beton der 60er und 70er Jahre gewichen, dem "modernen" Rio. Manches Highlight - wie die Fliesentreppe des Künstlers Jorge Selaron Rios - hat dennoch seinen Charme und ist absolut sehenswert. Beeindruckend ist auch das Sambadrom, ein Karnevalsstadion, welches über 1 km Tribünen entlang der Straßen bietet und auf einem riesigen Platz endet. Hier tobt der Karneval, der Tanzwettbewerb der Sambaschulen.
Ipanema Beach |
Strandleben am Ipanema |
Ipanema III |
Um das Gesehene abschließend zu verarbeiten, oder besser zu verdauen, durfte ein traditionelles Churrasco nicht fehlen. In der Churrascaria Palace an der Copa Cabana genossen wir die pure "Fleischeslust" und ließen unsere Eindrücke der vergangenen Tage sacken. Feinstes Fleisch von Rind und Schwein, Fisch, Vorspeisen, etliche Beilagen verwöhnten unsere Gaumen. Danach beendeten wir den Abend mit diversen Getränken an den Bars der Copa Cabana. Auch hier nochmal ein besonderer Dank an Birgit Porto, unserer sympathischen Reiseführerin, die ich jedem Touristen bei Interesse bestens empfehlen möchte :-) Kontakt: Tel. (55)(21)3624-9490 (Festnetz) / (55)(21)99632-2274 (mobil) oder hier eine Email an Birgit Porto senden
Zeitungsente vor dem Zuckerhut |
Fliesentreppe Selaron |
Im Hotel bekamen wir dann einen kleinen Eindruck, was Sportler unter einem Absch(l)ussabend verstehen. Anders als auf dem Wasser hielten sich unsere beiden Dorstener aber vorbildlich zurück und waren am nächsten Morgen ansprechbar und überraschend frisch.
Sonntag: Maracana, Heimreise
Während Carolin den Tag mit Shopping und Strand verbringen wollte, wartete für uns Jungs das letzte Highlight. Der DRV hatte als Alternativprogramm einen Besuch eines Fußballspieles im Maracana Stadion organisiert. Anstoßzeit war bereits um 11:00 Uhr, so dass auch wir an diesem Vergnügen teilhaben durften. Der Bustransfer mit unserem brasilianischen Scout klappte perfekt, so dass wir gegen 10:00 Uhr an der letztjährigen Erfolgsstätte der deutschen Fußballnationalmannschaft standen. Denn dort reckte am 13.07.2014 gegen 22:30 Uhr Ortszeit ein gewisser Phillip Lahm den WM-Pokal in die Höhe. Knapp ein Jahr später führte Ruder-Bundestrainerin Brigitte Bielig viele ihrer Weltmeister in diese Arena. Knapp 38.000 Zuschauer wollten Vasco da Gama aus Rio de Janeiro gegen Joinville FC aus dem Süden Brasiliens zum Spiel der Serie A sehen. Erstligafußball zwischen zwei Abstiegskandidaten. Trotz zahlreicher Chancen für Vasco, die pausenlos von den Fans nach vorne getrieben wurden, reichte es nach 90 Minuten nur für ein 0:0, welches keinem Team wirklich weiterhilft. Es blieben auch hier wunderbare Eindrücke von Freude, Leid und dem Leben für den Fußball. Denn die Fans von Vasco gelten als die emotionalsten Fans in Rio.
Nach einem Mittagessen an der Copa Cabana und einigen Erinnerungsfotos am Strand wartete auf uns Regattatouristen bereits ein Taxi. Gegen sieben Uhr - es war aufgrund der Äquatornähe bereits dunkel - ging es zurück zum Flughafen. Die letzten Reals (R$) wurden bei einer bekannten Fast Food Kette gegen Triple Cheesburgos eingetauscht. Zusammen mit unserem DRV Vorsitzenden Siegfried Keidel und der kompletten italienischen Mannschaft ging es an Bord der LH500 von Rio nach Frankfurt und nach kurzem Aufenthalt dort am Montagabend nach Düsseldorf, im strömenden Regen übrigens. Nach rund 36 Stunden auf den Beinen erreichten wir Dorsten am Abend.
Was bleibt - Danke!
Es war nicht nur das Ende einer erfolgreichen Reise ans andere Ende der Welt. Es war gleichzeitig der würdige Abschluss und der vorläufige Höhepunkt der letzten zehn Jahre. Anfang November 2005 durfte ich in bei diesem Verein erstmals im Training der Kindertruppe mitwirken, damals mit Kindern wie Lukas Müller oder Timo Piontek. Dass ich zehn Jahre später mit Chris und Caro und zwei WM Medaillen an der Copa Cabana stehe, hätte ich damals nie zu träumen gewagt. Den Jahrgang 1997 habe ich als Kindertrainer übernommen, 9 Jungs waren wir einst. Zusammen gingen wir 2012 zu den Junioren, einige Sportler verließen uns, andere kamen hinzu. Diese jüngsten Erfolge sind das Produkt einer tollen Mannschaftsleistung. Zwei Leute stehen dort mit einem Trainer, doch jeder von Euch und uns weiß, dass wir symbolisch für unsere gesamte Trainingsgruppe dort stehen und für alle, die uns auf diesem Weg begleitet haben und die letzten Jahre gemeinsam mit uns erlebt haben. Ein Zitat bringt alles auf den Punkt: "Titel und Medaillen, die hängen dann da irgendwann im Vereinsheim herum, und du weißt gar nicht mehr, wann das genau war und wer wann welchen Titel gewonnen hat. Wichtig ist nur die Erinnerung, dass du ... dabei warst, dass du es erlebt hast! Darum geht es. Um das Erleben!" (Jürgen Klopp).
Zum Abschluss das allerwichtigste: DAS DANKESCHÖÖÖÖÖÖÖN!!!
Im Namen des Trainerteams möchte ich mich bei den Kollegen Erdtmann, Flörke und Tschäge, sowie bei den Landestrainern bedanken. Ihr habt unsere Sportler und uns in diesem Jahr stark unterstützt. Ohne Euch wäre dieses nicht möglich gewesen.
Persönlich geht mein Dank an die Familien Reinhardt und Doerfler und an meine Lieben, die so oft auf mich verzichten mussten :-)
Danke an das Trainerteam in Dorsten - ihr wisst, wo die Basis gelegt wurde!!!
Danke an Charly, Lukas, Benedikt, Jason und Cedric - Eure Erfolge sind unsere Motivation!!!
Sebastian Schmelzer
Empfang in Dorsten
Am Dienstag nach Rio haben wir im Verein einen kleinen Empfang für unsere WM-Reisenden ausgerichtet. Der "offizielle" Teil folgt im Rahmen unseres Sommerfestes am 12. September. Hier ein paar Impressionen...