Ruderverein Dorsten - U19 Weltmeisterschaften in Rio de Janeiro

1. - 8. August 2015

Freitag: Halbfinale, Stadtführung Teil 1

Freitags sollte lediglich Christopher sein Halbfinale fahren. Nach einem tollen Frühstück ging es wiederum für Thomas und mich zur Strecke. Um 10:22 Uhr mussten die #FFATboys ran, im Halbfinale gegen Griechenland, Spanien, Dänemark, Australien und die Schweizer. Und genau jene Schweizer waren es, die dem Ruhrpott Quartett bei der internationalen Regatta in München die einzige Niederlage in der Saison beschert haben. Anspannung bei den Jungs, bei Trainer Flörke und auch bei mir, es ging ums Finale oder kurz gesagt: jetzt ging es um die Wurst. Die Griechen machten uns das Leben schwer, dennoch war es am Ende ein Start-Ziel-Sieg, zwei Sekunden vor den Griechen und den Spaniern, die ebenfalls im A-Finale am Samstag antreten durften. Die Schweizer wurden Vierte und schafften es lediglich ins B-Finale. Das andere Halbfinale hatte es in sich. Rumänien gewann vor den Briten und den USA, aber allesamt schneller als das "deutsche" Halbfinale. Trotzdem wurde uns schnell klar, was hier überhaupt passierte. Beide Dorstener im Finale, beide in Medaillenreichweite und nebenbei alle deutschen Boot im A-Finale!!! Ein klares Ausrufungszeichen der Jugendarbeit im Deutschen Ruderverband. Hier sind wir Weltspitze...

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Blick vom Corcovado

Am Freitagmittag erwartete Thomas und mich dann Birgit Porto. Unsere sympathische Reiseleiterin lebt seit 28 Jahren in Rio de Janeiro und ist mit der Stadt tief verwurzelt. Auch hier nochmal ein großes Dankeschön an Familie Doerfler, die mir die individuelle Stadtführung geschenkt haben. Thomas und ich waren uns einig, dass wir die touristischen Hotspots wie den Corcovado mit der weltberühmten Christusstatue und den Zuckerhut nicht unbedingt von oben sehen mussten, viel mehr reizte uns das andere Rio de Janeiro. Wir wollten in Land und Leute abtauchen, die Ecken sehen, die man als Tourist sonst nicht sieht. Und mit jeder Stunde, die uns Birgit durch die Straßen, Wälder und Berge fuhr, änderte sich mein Bild. War ich morgens noch vom Beton und Lärm an der Copa Cabana angewidert und enttäuscht, so änderte sich mein Bild von Rio de Janeiro immer mehr.

Nur zwanzig Minuten Fahrt entlang der Strände in Richtung Süden wurde es ländlicher, ursprünglicher und ruhiger. So stellte ich mir Südamerika vor. Bunt, ein wenig chaotisch und pulsierend. Durch Bambuswälder und angepflanzten Sekundarurwald ging es zur Vista Chinesa. Richtig, Bambus und Chinesen und Sekundarwald! Der Wald fiel nicht etwa der wachsenden Stadt zum Opfer, sondern dem Kaffeeanbau im 19. Jahrhundert. Der funktionierte irgendwann nicht mehr, also entschloss man sich Tee anzubauen. Hierfür holte man Chinesen ins Land und die blieben. Das mit dem Tee funktionierte übrigens auch nicht, doch die Chinesen siedelten sich in den Wäldern an und brachten auch den Bambus mit. Dieser wuchert nun 200 Jahre später überall und ein Aussichtspunkt (Vista Chinesa) erinnert an die chinesische Besiedlung.

Überraschend grün ging es weiter in Richtung der botanischen Gärten. Auch hier zeigt sich Rio von der grünen Seite. Die Portugiesen brachten allerlei Pflanzen nach Brasilien mit, aus allen Teilen ihres damaligen Kolonialreiches. Und entsprechend vielseitig und bunt ist die Flora der Stadt. Weiter ging es in Birgits Wohnviertel, Santa Teresa. Ein Künstlerviertel, ursprünglich, individuell und wahnsinnig vielseitig. Ein wenig ängstlich stiegen wir aus und erkundeten die ersten Meter einer Terra incognita, jenseits von Großstadtlärm und Gedränge. Kopfsteinpflaster, enge Straßen und eine tolle Lage am Berg kennzeichnen diesen Teil Rios. Dennoch lässt sich die Armut, die sich in etlichen Favelas die Berghänge emporarbeitet, nicht ausblenden.


Verwinkelte Gassen in St. Teresa

St. Teresa mit Blick auf Rio

Strassenzug St. Teresa

Zwar sind die meisten Armenviertel inzwischen befriedet und einigermaßen sicher, breitete sich zumindest in mir ein Gefühl von Beklommenheit und Unbehagen aus. Besonders wenn wir an den Favelas vorbeifuhren, die eben noch nicht sicher sind. Kontrollen und Präsenz der Militärpolizei sind dort an der Tagesordnung. Dort steht eben nicht mehr der nette Wachmann mit dem Gummiknüppel, sondern ein Soldat mit Helm, Schutzweste und Sturmgewehr. Nach einem tollen Sandwich zur Stärkung in Santa Teresa ging es zum Sundowner zur Mirante Dona Marta, ebenfalls ein Aussichtspunkt zwischen Corcovado und Zuckerhut mit einem tollen Blick über ganz Rio. Ein Geheimtipp für diejenigen, die dem Trubel an den beiden genannten Sehenswürdigkeiten entgehen möchten.

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Blick in die Bucht mit Zuckerhut am Horizont

Nach einer Dusche mit Hotel erwarteten uns dann das Nachtleben an der Copa Cabana und die ersten Caipirinhas. Zusammen mit einem Großteil des Trainerteams und des Funktionsteams ging es in eine der zahlreichen Bars. Während die Trainer schnell weg waren, um sich für die Finalrennen am Samstag auszuruhen, bewiesen wir Regattatouristen und Conny, Jugendsekretärin des DRV, mehr Sitzfleisch. Etwa halbzwei wurde es, die zugeführten Caipis zeigten Wirkung.