Weltcup Luzern - Weltmeisterliche Generalprobe - 14.07.2014
So viele Gemeinsamkeiten, wie sie Fußballer und Ruderer am vergangenen Wochenende teilten, gibt es zwischen diesen beiden grundverschiedenen Sportarten sonst nie. Die Fußballer waren in Rio und wurden Weltmeister, die Ruderer bereiteten sich auf dem Rotsee in Luzern beim dritten Weltcup auf die Ende August stattfindenden Weltmeisterschaften vor, dem ersten Meilenstein auf dem Weg nach Rio. Dort finden 2016 die Olympischen Sommerspiele statt. Wolkenverhangen und regnerisch präsentierte sich der Rotsee vor den Toren Luzerns am vergangenen Wochenende. 700 Athleten aus 44 Nationen hatten bei dieser Traditionsregatta auf dem 2,5 km langen Natursee - eingebettet in die malerische Hügellandschaft der Zentralschweiz - gemeldet. Mit dabei waren auch Dorstens derzeitige Aushängeschilder im Rudersport. Charlotte Reinhardt startete, wie schon bei den Europameisterschaften in Belgrad und beim Weltcup vor drei Wochen in Aiguebelette, zum dritten Mal in diesem Jahr im deutschen A-Frauenachter. Viel vorgenommen hatte sich die Mannschaft von Bundestrainer Thomas Affeldt, der mit Platz 5 beim letzten Weltcup nicht unbedingt zufrieden war. Eine Verbesserung sollte her, den Abstand zur Weltspitze weiter verringern, so die Aufgabe des Trainers. Unter den Augen von Charlottes Heimtrainern, Sebastian Schmelzer, Uli Wyrwoll und Mark Osborne, die eigens aus Dorsten angereist waren, gelang dieses Vorhaben auch. Mit Kanada (Silber Olympia 2012), den Niederlanden (Bronze Olympia 2012), Rumänien (Europameister 2014), Großbritannien (Vize Europameister 2014), Deutschland und Australien hatten nur 6 Boote gemeldet, so dass Vorläufe und Halbfinals entfielen. Am Samstag stand daher dann ein Bahnverteilungsrennen auf dem Programm, welches die Kanadierinnen erwartungsgemäß gewannen. Großbritannien belegte Rang zwei, vor Rumänien, Deutschland, Niederlande und Australien. Bis zur Streckenhälfte hielt das deutsche Boot gut mit, musste dann aber die erfahrenen Mannschaften aus Großbritannien und Rumänien ziehen lassen. Am Sonntag im Finale fuhren die deutschen Damen dann ein furioses Rennen. Auf Bahn zwei gestartet ging man neben den Britinnen und den Australierinnen an den Start. Das einst so große Manko, die Startphase, überstanden die Deutschen gut, waren vorne mit dabei. Schlag für Schlag setzten sich die Kanadierinnen vom Rest des Feldes ab, fuhren einem nie gefährdeten Start-Ziel-Sieg entgegen. Dahinter war es spannend. Mittendrin im Kampf um Silber und Bronze steckte der deutsche Achter, bis sich 250 m vor dem Ziel die Britinnen und Rumäninnen mit starken Spurts von den Deutschen lösen konnten. Am Ende ein guter vierter Platz, ein weiterer Schritt nach vorne und eine tolle Standortbestimmung für die Weltmeisterschaften, bei der Charlotte ihren Platz im Achter gefunden haben sollte. Für sie geht es mit der Mannschaft nun in die unmittelbare Wettkampfvorbereitung. "Der deutsche Frauenriemenbereich galt lange als großes Problemkind. Hier zählen momentan die kleinen Erfolge, Schritt für Schritt will man hier gehen. Mittelfristig zählt die Olympiaqualifikation für 2016 und hier ist man auf einem guten Weg. Es entsteht gerade etwas, spannend das Charlotte mit 20 Jahren ein Teil davon ist" so RVD Trainer Sebastian Schmelzer.
"Wurzelbehandlung statt Weltcup" titelte die Mainzer Allgemeine Zeitung am Samstag. Für Jason Osborne schien am Wochenende alles schief zu laufen. Mitten in den Vorbereitungen für den Luzern-Trip erreichte die Dorstener Trainer und Schlachtenbummler die Nachricht, dass der U23-Weltmeister wegen Zahnproblemen nicht starten dürfte und bereits mit Trainer Robert Sens auf dem Weg zurück nach Mainz sei, wo der 19-jährige Wulfener lebt und trainiert. Enttäuscht machte sich die 7 köpfige Gruppe mit Jasons Eltern dennoch auf den Weg, mit dem Wissen, dass Jason und Trainingspartner Moritz Moos wohl nicht im Leichtgewichts-Doppelzweier bei den Weltmeisterschaften in Amsterdam an den Start gehen dürften. 25 Boote hatten beim Weltcup in Luzern in dieser Bootsklasse gemeldet - darunter die beiden deutschen Doppelzweier mit Olympiateilnehmer Lars Hartig und Konstantin Steinhübel und der Mainzer Doppelzweier mit Jason Osborne und Moritz Moos. Cheftrainer Marcus Schwarzrock wollte beide Boote nochmals im direkten Duell mit der Weltspitze sehen, um seine Entscheidung für die WM Nominierung zu treffen. Um sicher im Doppelzweier bei dem WM zu starten sollten Osborne/Moos zwei Duelle gegen Hartig/Steinhübel gewinnen. Für den ersten Sieg sorgten sie vor drei Wochen beim Weltcup in Aiguebelette, wo die beiden Mainzer die Fachwelt verwunderten und im Finale die Silbermedaille gewannen. An diesem Wochenende fiel dieses Duell aus, so dass Jasons Heimtrainer Robert Sens eigentlich mit dem WM-Traum im Doppelzweier abgeschlossen hatte und stattdessen schon mit dem Start im nichtolympischen Leichtgewichtsdoppelvierer rechnete. Doch die Rechnung machte er ohne Hartig/Steinhübel, die die Steilvorlage durch das Fehlen von Osborne/Moos nicht verwerten konnten. Lediglich Platz 8 kam für das verbliebene deutsche Boot heraus, Platz 2 im B-Finale hinter den Niederländern, die Osborne/Moos drei Wochen zuvor deutlich hinter sich ließen. Eine Situation, die Cheftrainer Schwarzrock wohl zum Nachdenken brachte: Während der Halbzeitpause des WM Finales zwischen Deutschland und Argentinien klingelte dann bei Trainer Robert Sens das Telefon: Jason und Moritz starten im Leichtgewichts-Doppelzweier bei der WM in Amsterdam!!! Bestätigen beide hier ihre bislang gezeigten Leistungen, dann rückt der Traum von Rio im Jahr 2016 ein Stückchen näher. Für Osborne und Moos stehen nun als nächstes die U23-Weltmeisterschaften in Varese an. Ende August geht's dann zur A-WM nach Amsterdam. Bericht: Sebastian Schmelzer - alle Fotos: rudern.de |